Roșia Montană (Roter Berg) ist ein kleines Dorf im Apuseni-Gebirge im Nordwesten von Rumänien. Bekannt ist das Dorf durch den Widerstand gegen die Errichtung eines großflächigen Tagebaus zur Gewinnung von Gold und Silber.
Vor Ort wurde uns erzählt, dass die Gewinnung von Gold schon seit der Römerzeit, also seit gut 2000 Jahren, betrieben wurde – ausgeprägte Gallerien von insgesamt über 150km Stollenlänge berichten über ein historisches Kulturerbe.
Bis vor knapp 15 Jahren haben die dortigen BewohnerInnen privat oder über lokal ansässige Firmen Gold abgebaut. Es war wichtig, die Wertschöpfung des Tagebaus den lokalen Gemeinden zugute kommen zu lassen. Entsprechend würde ein dort tätig werdender Konzern diese Wertschöpfung abziehen.
Ein entsprechend großflächiges Tagebau-Projekt (wodurch die dortigen Berge zunehmend abgetragen werden würden) bedeutet zudem ein massiven Eingriff in das dortige Ökosystem und die Absiedlung von über 1000 Menschen, wovon ein Teil schon gehen musste.
Benachbarte Gemeinden solidarisierten sich mit Roșia Montană, da auch sie von den Eingriffen betroffen wären. Beim großflächigen Abbau würden zudem auch Chemikalien wie Natriumcyanid zum Einsatz kommen – Unfälle und damit verbundene Umweltschäden nicht ausgeschlossen.
Als Alternative zum Tagebauwerk schlagen die BewohnerInnen des Dorfes ein alternatives Konzept vor, basierend auf Landwirtschaft und sanften Tourismus.
Nach den Besichtigungen wurden wir am Ende des Nachmittages von einer dort ansässigen Bauernfamilien zum frühen Abendessen eingeladen, bevor es wieder zurück nach Cluj ging.
Mein Fazit dieser Exkursion und zum Forum bis dato:
Der Besuch in einem ländlichen Gebiet in Rumänien, das aufgrund seiner Erreichbarkeit durchaus als Peripherie bezeichnet werden kann, zeigt einen anderen Eindruck als das gewohnte Umfeld im mitteleuropäischen “Zentrum”.
Das westliche Bild über Fortschritt lässt die Region rückständisch erscheinen – ist sie aber nicht. Das Leben in Roșia Montană ist bescheiden. Technologieeinsatz und andere Konsumstandards, die es z.B. in Österreich gibt, sind dort nicht bis wenig vertreten.
In einer Stadt wie Graz oder Wien oder anderswo in Mitteleuropa leben wir in einer Blase.
Wir plagen uns durch stressige Alltage, sind verblendet durch romantisierende Werbung und bekommen wenig mit, was in anderen Teilen Europas und der Welt eigentlich passiert und wie die Menschen dort leben (müssen). Wir leben in einer Selbstverständlichkeit, alles zu jeder Zeit zur Verfügung zu haben. Dabei sehen wir nicht gerne hin, worauf dieser “Wohlstand”, in dem wir leben, beruht. Wir verdanken ihnen unter anderem der Umweltzerstörung und auch der Ausbeutung und Unterdrückung von Menschen in Osteuropa und im globalen Süden. Und es ist traurig zu hören, dass durch das Durchboxen von CETA genau jener Kollonialismus, den wir geglaubt überwunden zu haben, zurückkehrt.
Für den mitteleuropäischen “Wohlstand” und Luxus brauchen wir genau die Ressourcen aus jenen Gebieten – z.B. Land für Lebensmittel und “grüne” Energie oder im Fall von Roșia Montană: Gold und Silber. Uns scheint es egal zu sein, dass viele Menschen dadurch ausgebeutet oder gar vertrieben werden. Sie sind dem scheinbaren “Fortschrittsglauben” im Weg, weil sie dort leben und natürlich nicht freiwillig wegmöchten. Bei Ceta und TTIP würde man Handelshemnis dazu sagen.
Aber diese Menschen setzen sich zur Wehr, hoffen auf Solidarität. Denn diese sozialen Kämpfe, die diese Menschen führen, richten sich gegen diese Ausbeutung und zielen auf die Einhaltung ihrer (Menschen-)Rechte.
von David Steinwender