Prinzipien von Ernährungssouveränität

02. Mrz 2014

Das Konzept von Ernährungssouveränität gibt ganz bewusst keine allgemeinen, weltweit gültigen Inhalte vor. Es bietet vielmehr einen Rahmen, worin alle Regionen ihren Weg zu Ernährungssouveränität selbst bestimmen können.

Der Prozess in Österreich baut auf den Ergebnissen des weltweiten Nyéléni Forums (2007, Mali) und des europäischen Nyéléni Forums (2011, Krems/Ö) auf. Unser Rahmen basiert also auf den sechs Prinzipien von Ernährungssouveränität, der Deklaration von Mali, der Deklaration von Krems und dem Aktionsplan von Krems.

Sechs Prinzipien von  Ernährungssouveränität

1. Vorrang für die Ernährung der Bevölkerung
Ernährungssouveränität stellt das Recht auf ausreichende, gesunde, kulturell adäquate Ernährung für alle Individuen, Völker und Gemeinschaften, inklusive jener, die an Hunger leiden, in besetzten Gebieten und Konfliktzonen leben oder marginalisiert sind, in den Mittelpunkt der Ernährungs-, Landwirtschafts-, Viehzucht- und Fischereipolitik.
Sie weist die Behauptung der Lebensmittelindustrie zurück, dass Lebensmittel eine Ware wie jede andere sind.

2. Wertschätzung derLebensmittel-hersteller*innen
Ernährungssouveränität würdigt und unterstützt die Praktiken von Frauen und Männern, Bäuerinnen und Bauern und Hirt*innen, Fischer*innen, Waldbewohner*innen, Indigenen und Landarbeiter*innen sowie Migrant*innen, die kultivieren, wachsen lassen, sammeln und Lebensmittel herstellen, und respektiert deren Rechte.
Sie weist jegliche Politiken, Aktionen und Programme zurück, die die Produzent*innen entwerten, ihre Subsistenzmittel bedrohen und zu ihrem Verschwinden beitragen.

3. Etablierung von lokalen Produktions-systemen
Ernährungssouveränität nähert die Produzent*innen und Konsument*innen einander wieder an und stellt sie ins Zentrum der Entscheidungsprozesse über Ernährungsfragen. Auf den lokalen Märkten schützt sie die Produzent*innen vor Dumping durch Importe und durch Nahrungsmittelhilfen, sie schützt die Konsument*innen vor ungesunder und degenerierter Nahrung, vor unangemessener Lebensmittelhilfe und vor Lebensmitteln, die mit GVO (Gentechnisch Veränderte Organismen) verseucht sind.
Sie erlaubt es, sich gegen Institutionen, Abkommen und Praktiken zu wehren, die nicht nachhaltig sind und ungerechten internationalen Handel vorantreiben bzw. davon abhängen und transnationale Konzerne mit beträchtlicher und ungerechtfertigter Macht ausstatten.

4. Stärkung der lokalen Kontrolle
Ernährungssouveränität legt die Verwaltung des Landes, des Bodens, der Weiden, des Wassers, des Saatguts, der Tiere und des Fischfangs in die Hände der lokalen Produzent*innen und respektiert ihre Rechte. Sie können sie benutzen und sie nach sozial und ökologisch nachhaltigen Kriterien aufteilen, die die Bewahrung der Vielfalt erlauben. Ernährungssouveränität erkennt die Tatsache an, dass lokale Territorien nicht immer die geopolitischen Grenzen respektieren, und erlaubt den lokalen Gemeinschaften, ihre Territorien zu bewohnen und zu nutzen. Sie unterstützt die Abstimmung und das kollektive Handeln von Produzent*innen unterschiedlicher Regionen sowie von unterschiedlichen Sektoren und trägt damit zu einer Lösung von internen Konflikten bzw. von Konflikten mit lokalen oder nationalen Autoritäten bei.
Sie weist die Privatisierung von natürlichen Ressourcen auf das Schärfste zurück, sei es durch Gesetze, durch Handelsabkommen oder durch intellektuelle Eigentumsrechte.

5. Die Konstruktion von Wissen und Fertigkeiten
Ernährungssouveränität baut auf dem Wissen und den Fertigkeiten von lokalen Produzent*innen und lokalen Organisationen auf, welche Produktionssysteme und lokale Kulturen entwickeln sowie erzeugen. Deswegen ermöglicht sie die Entwicklung von angemessenen Forschungsprogrammen, die zukünftige Generationen nicht bedrohen.
Sie weist alle Technologien zurück, die die Produzent*innen oder zukünftige Generationen unterwerfen, bedrohen oder verseuchen, z.B. die Gentechnik.

6. Arbeit mit der Natur
Ernährungssouveränität nützt die Umweltressourcen mittels Praktiken und Produktionsmethoden, die agrarökologisch und diversifiziert sind, wenig Inputs verbrauchen, die Ökosysteme optimieren sowie die Resilienz und die Anpassung speziell an den Klimawandel verbessern.
Sie versucht, die Erde zu heilen, damit die Erde uns heilen kann. Sie verweigert Praktiken, die Ökosysteme schädigen, wie Monokulturen und intensive Tierhaltung, welche enorm viel Energie verbrauchen, zerstörerische Fischfangpraktiken und andere industrielle Produktionsmethoden, die die Umwelt zerstören und zum Klimawandel beitragen.

 

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