Offener Brief an den Billa Vorstand

19. Dez 2014 | Aktuelles

(Vielen Dank an Gabriele Tupy, dass wir Ihren Brief hier veröffentlichen dürfen)

Sehr geehrter Herr Mag. Hornsteiner,
Sehr geehrter Herr Mag. Siess,

ich komme soeben von meinem heutigen Einkauf in einer Billa-Filiale. Weihnachten steht vor der Tür, Weihnachtskekse gehören da natürlich dazu und so wollte ich heute diverse Zutaten einkaufen. Auf einem eigenen Ständer wurde ich fündig. Jedoch, ich kaufe sie nicht mehr: Walnüsse aus Chile, Mandeln aus den USA, Haselnüsse aus der Türkei, Rosinen aus dem Iran. Ich suchte das Gespräch zur Filialleiterin und bekam wie seit zig Jahren die immerwährend gleiche Antwort wie in allen Billa Filialen, in denen ich je das Gespräch zu FililaleiterInnen gesucht habe: „Wenden Sie sich an die Zentrale, ich kann nichts tun“. Welches KundInnenverständnis von Billa steckt hinter diesen Worten? FilialleiterInnen können Anliegen Ihrer KundInnen nicht an die Zentrale weiterleiten und passieren tut so und so nichts?

Und so habe ich mich, wieder daheim, an den Computer gesetzt und nach „Billa Nachhaltigkeit“ im Internet gesucht. Gefunden habe ich: „Billa denkt an morgen! Nachhaltigkeit“, „Klimaschutz und schonender Umgang mit Ressourcen ist ein wichtiges Anliegen für BILLA. Daher stammt der Strom in allen BILLA Filialen zu 100% aus erneuerbaren Energiequellen wie Wasserkraft, Wind- und Solarenergie“. Danke für diese Initiativen, sie sind wichtig – nur, Sie können es sich schon denken: das genügt mir als umwelt- und klimabewusster Konsumentin nicht!

Seit Jahren beobachte ich, dass immer mehr, weit entfernt produziertes Obst und Gemüse in den Regalen zu finden ist: Knoblauch aus China, Spargel aus Frankreich (obgleich wir doch so wunderbaren Marchfelder Spargel haben), Marillen aus Frankreich (obgleich wir doch so wunderbare Marillen aus der Wachau, … haben), Kirschen aus der Türkei (obgleich wir doch ….), diverse Nüsse siehe wie zuvor genannt. Ich will all das schon lange nicht mehr kaufen, denn: 1 Kilogramm Mangos aus Brasilien, mit dem Flugzeug und dem LKW in die Supermärkte geliefert, verursacht gleich viel CO2 wie 150 Kilogramm Bio-Äpfel aus der Steiermark. 1 kg Weintrauben aus Chile entspricht 185 kg heimischen Bioäpfeln, 1 kg Erdbeeren aus Thailand entspricht 154 kg Bio-Äpfeln und 1 kg Neuseeland-Kiwis (Schiff) entspricht 30 kg Bioäpfeln aus der Steiermark.

Rübenzweisamkeit

Rübenzweisamkeit

Und weil Weihnachten vor der Tür steht, richte ich hiermit meine Umwelt- und Klimavisionen und -wünsche an Sie:

  1. Ich möchte in Ihren Filialen in Zukunft ernsthaft errechnete CO2 Werte bei den von Ihnen angebotenen Produkten lesen! Wie viel CO2 hat dieses Produkt verursacht, bis es in Ihrer Filiale angekommen ist? Beginnen Sie MORGEN mit der Beschriftung der ersten Produkte und kommunizieren Sie den Zeitrahmen, bis wann alle Ihrer Produkte gekennzeichnet werden!
  2. Bieten Sie zuallererst Waren aus Österreich an und fördern Sie deren Produktion! Walnüsse müssen wahrlich nicht aus Chile,  Mandel nicht aus den USA und Knoblauch nicht aus China stammen. Ja, wir wollen weiter Orangen essen und sie werden nicht aus Österreich kommen, aber das was bei uns bestens wächst, will ich aus dem eigenen Land genießen!
  3. Starten Sie einen künstlerischen Wettbewerb und laden Sie kreative Menschen wie KünstlerInnen ein, Fahrradabstellanlagen mitsamt Fahrradwerkstatt (geöffnet an bestimmten Tagen und Zeiten vor Ihren Filialen) unübersehbar und attraktiv zu gestalten! Jeder Billa Filiale ihre eigene, künstlerisch gestaltete Fahrradabstellanlage! Lassen Sie ihre KundInnen mitstimmen: welche sind besonders gelungen? Bunte, künstlerische Vielfalt, die zum Gesprächsthema in der Öffentlichkeit wird!
  4. Verwandeln Sie das Grau in Grau Ihrer Parkplätze in blühende Obstgärten vor Ihren Filialen! Regionale Obst-Produktion und Vielfalt der Sorten – jeder Billa Filiale ihre besondere Sorte! Laden Sie Ihre KundInnen ein, mit Ihnen gemeinsam die Obstbäume zu pflanzen! Vergeben Sie Baumpatenschaften und laden Sie Menschen ein, ihr Obst auch selbst zu ernten. Erlebniswelt Obstgarten – mit allen Sinnen genießen! Tragen Sie so zu grüneren Städten, regionalem, biologischem und klimaschonendem Genuss bei!

Das Marketing von Morgen geht neue, völlig andere Wege!

Auch brauchen wir einen neuen Zugang zu Wirtschaft, denn auf einem endlichen Planeten kann es kein unendliches Wachstum geben.

Ihr Bauern, seid nicht so Lammfromm

Ihr Bauern, seid nicht so Lammfromm!

Abschließen möchte ich mit einem Zitat:

Wenn wir nicht sofort aufhören, werden wir das Leben unserer Nachkommen wirklich ruinieren. Selbst wenn wir bloß noch weitere 40 oder 50 Jahre herumpfuschen, werden sie absolut keine Chance mehr haben und in die Steinzeit zurückgeworfen. Menschen wird es noch geben. Aber die Zivilisation wird verschwunden sein.
James Lovelock, britischer Wissenschaftler, in Flannery: Wir Wettermacher, S. 231

Ich wünsche Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest in Erwartung Ihres verantwortungsbewussten Handelns für eine gute Zukunft auf unserem so schönen Planeten.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Tupy

Mutter zweier Töchter, Konsumentin, Urbane Klimaschutzbeauftragte, Grüne Bezirkrätin Floridsdorf

An alle ähnlich denkenden und fühlenden Menschen: Nachahmung sehr erwünscht!

Dieser Brief erschien zuerst auf StadtFruchtWien.

 

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