Solidarische Landwirtschaft in Österreich

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"In der Zukunft werden engere Bündnisse zwischen BäuerInnen und KonsumentInnen von immer größerer Bedeutung. Für die Bäuerinnen/Bauern bedeutet es mehr Sicherheit für ihre Höfe, eine Gruppe von Konsument_innen zu wissen, die hinter ihren Höfen steht. Für die Seite der Konsument_innen bedeutet es eine hohe Transparenz, die Bäuerinnen/Bauern persönlich zu kennen, von denen sie ihre Lebensmittel beziehen." Margit Mayr-Lamm, Biobäuerin aus Allhaming

Geschichte

gartenwerkzeug
Im Jahr 2011 gründete sich der erste CSA-Hof in Österreich: Der Gärtnerhof Ochsenherz bei Wien beginnt gemeinsam mit seinen Konsument_innen eine Solidarische Landwirtschaft. Schon 2012 kamen zwei weitere Höfe in der Steiermark und in Oberösterreich dazu. Aktuell (Februar 2015) gibt es bereits 20 funktionierende CSA-Betriebe und Initiativen in Österreich, einige Projekte sind im Entstehen. Die meisten dieser Gruppen fühlten sich motiviert und bestärkt durch den internationalen Erfahrungsaustausch im Rahmen des Austauschprojekt CSA for Europe und die Vernetzungstreffen Österreichischer CSA-Initiativen. Dieses 'Wachstum' innerhalb von nur vier Jahren zeigt wie groß das Interesse für Solidarische Landwirtschaft in Österreich ist und ist auch ein Indiz dafür, dass die gängigen Direktvermarktungsformen den Bedürfnissen vieler Kleinbäuerinnen/-bauern nicht mehr entsprechen.

CSA-Betriebe und Initiativen in Österreich

buttermodeln aus holz mit pflanzenmotiven
Die meisten CSA-Betriebe und Initiativen in Österreich wurden von bestehenden Höfen aus gegründet, aber es gibt auch Paare, die ganz neu mit dem CSA-Modell in der Landwirtschaft Fuß fassten. Während einige von Anfang an durch aktive Konsument_innen unterstützt werden, versuchen andere die Konsument_innen immer mehr in ihre Prozesse miteinzubeziehen. Manche verwenden den Begriff CSA, andere GeLa – was für „Gemeinsam Landwirtschaften“ steht – wieder andere nennen ihren Betrieb „Solidarische Landwirtschaft“ wie in Deutschland oder Milan - "Miteinander Landwirtschaften". Die Mehrzahl der Initiativen erzeugt Gemüse, aber es gibt nun drei Betriebe in der Steiermark, Kärnten und Oberösterreich, die auch Fleisch- und Milchprodukte erzeugen.

Vernetzung

großer sitzkreis im BOKU-Festsaal
Bis jetzt gibt es keine gemeinsame Erklärung der CSA-Initiativen in Österreich, aber Ende 2012 fand das erste Vernetzungstreffen Österreichischer CSA-Initiativen mit 50 Teilnehmer_innen in Wien an der BOKU statt. Es wurde begrüßt, dass ein Netzwerk entsteht und es regelmäßige Treffen geben soll. Die meisten Menschen, die an österreichischen CSAs beteiligt sind, sind durch einen E-mail Verteiler vernetzt und derzeit fungieren die CSA-Betriebe und Initiativen in Österreich, Attac Österreich und die ÖBV – via campesina austria als Ansprechpartner für Menschen, die an CSA interessiert sind. Der nächste Schritt ist die Gründung einer Arbeitsgruppe um das wachsende CSA-Netzwerk in Österreich zu unterstützen.

Forschung und Entwicklung

csa-broschuere und listen mit stift und gläser auf einem tisch
Das Institut für Ökologischen Landbau an der Universität für Bodenkultur in Wien ist auch an CSA interessiert: Eine Gruppe von Student_innen veröffentlichte die sehr beliebte österreichische CSA Broschüre um das Konzept bei Bäuerinnen/Bauern und Konsument_innen bekannt zu machen. Es gibt bereits abgeschlossene und laufende Forschungsarbeiten zu Solidarischer Landwirtschaft in Österreich.

Exkurs: Rechtlicher Rahmen in Österreich

In Österreich ist CSA, wie in allen anderen Partnerländern, keine eigene Rechtsform. Derzeit scheint der einfachste Weg um Solidarische Landwirtschaft umzusetzen die Gründung eines nicht profitorientierten Vereins zu sein, wo die Mitglieder einen bestimmten Mitgliedsbeitrag zahlen um die Kosten zu decken und auch die Möglichkeit haben auf dem Hof mitzuarbeiten. Der Verein kann auch Eigentümerin des Hofes und Arbeitgeberin für Landarbeiter_innen sein.

Der wichtigste Unterschied zwischen CSA und konventionellen Direktvermarktungsformen ist die Verbindlichkeit und das einander entgegengebrachte Vertrauen. Der Ort wo die Lebensmittel verteilt werden ist kein Geschäft oder Marktplatz im herkömmlichen Sinn und es findet dort auch kein Austausch von Geld statt. In den meisten CSAs wird die gegenseitige Verindlichkeit durch ein unterschriebenes Dokument ausgedrückt, das nicht in jedem Fall rechtlich bindend ist. Diese Übereinkunft ist ausreichend, solange es eine gute Kommunikationsbasis zwischen den Bäuerinnen/Bauern und den Konsument_innen gibt, solange die Bäuerinnen/Bauern ausreichend Ressourcen für die Produktion haben und die Konsument_innen ihre Ernteanteile erhalten.

Wie bei anderen Direktvermarktungsformen auch haben die Bäuerinnen/Bauern hohe Hygieneauflagen für die Herstellung und Verarbeitung ihrer Produkte. Das gilt vor allem für Fleisch- und Milchprodukte. Vielleicht kann CSA dazu beitragen das vorherrschende System oft willkürlicher Kontrolle und Sanktionierung zu überwinden und ein neues Lebensmittelsystem aufzubauen, das auf Vertrauen und Solidarität aufbaut.



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